Dr. Herbert Gruhl wäre...
... gestern 100 Jahre alt geworden. Daran erinnerte eine große Anzeige in der Süddeutschen Zeitung (SZ) vom gestrigen Freitag (22.10.2021) - s. Foto. - Es überrascht, dass die Anzeige zwar ein Geburtsdatum (22.10.1921), aber kein Sterbedatum und keinen Auftraggeber ausweist. Bemerkenswert die letzte Zeile in der Anzeige: "Ja, es ist leider zu spät." Soviel zur Anzeige.
Bestseller "Ein Planet wird geplündert"
Über die Person Dr. Herbert Gruhl kann der Autor ausführlich berichten und wagt sicher eine kühne These: Ohne Gruhl gäbe es die Partei DIE GRÜNEN, die im Januar 1980 in Karlsruhe gegründet wurde, nicht. Gruhl war, gerade als CDU-Bundestagsabgeordneter (1969-1980), immer unerschrockener gegen die nicht vorhandene oder mehr oder weniger ignorierte "Umweltschutzpolitik" in der eigenen Fraktion angetreten und dadurch immer mehr isoliert. Seine Wendung zum "Umweltpolitiker" war sicher ursächlich mit seinen Recherchen zum späteren Bestseller "Ein Planet wird geplündert", der im Jahre 1975 erschien, verbunden und führte Zug um Zug zur Abwendung von seiner Partei. Ein wichtiger Schritt zu seiner Neuorientierung in der Politik war zunächst die Übernahme des Amtes des Bundesvorsitzenden des neu gegründeten "Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland" (BUND) von 1975-1979.
Austritt aus der CDU am 12. Juli 1978
Einen Tag nach seinem Austritt aus der CDU am 12. Juli 1978 gründete er mit anderen "Umweltpolitikern" die "Grüne Aktion Zukunft" (GAZ), die am Gründungsprozess der Partei "DIE GRÜNEN" teilgenommen hatte. Unmittelbar vor dem Gründungsjahr der GRÜNEN in 1980 hatte ein Parteien- bzw. Organisationsverbund unter dem Namen "Sonstige Politische Vereinigung" (SPV) Die Grünen an der Europawahl 1979 teilgenommen und achtbare 3,2 Prozent der Stimmen erhalten. Gruhl und Petra Kelly waren bei dieser Wahl die bekanntesten Gesichter der neuen "grünen" Bewegung.
Gruhl: GRÜNE immer linkslastigerDer
zunehmende Erfolg der GRÜNEN bei Kommunal- und Landtagswahlen
verschafften dieser Bewegung erheblichen Zulauf, aber auch erhebliche
Probleme in der programmatischen Ausrichtung. Die Diskussionen der
diversen Akteure aus der Friedens-, der Frauen- und der
Naturschutzbewegung auf dem Weg zur Parteigründung wurde deshalb immer
schwieriger, weil bei diesem Prozess die Vertreter unterschiedlicher
Milieus agierten und sich dabei Differenzen immer mehr offbarten. Einen
immer größer werdenden Einfluss hatten die großstädtisch geprägten
Restgruppen von sozialistischen und kommunistischen Kleinstgruppen, die
andere damals schon als Reste von "Sekten" bezeichneten, und die immer
mehr die Führung bei der Diskussion um das "richtige" grüne Programm
übernahmen. Der Einfluss dieser Gruppen war aus deren Sicht wichtig,
weil es um das Programm der GRÜNEN zur Bundestagswahl 1980 ging, bei der
die noch junge Partei zum ersten Mal antreten sollte. Gruhl bewertete
das auf dem Parteitag der GRÜNEN am 23. März 1980 in Saarbrücken
angenommene Programm als zu "materialistisch", sprich: zu "links" und
fügte drohend hinzu: Damit könne er nicht in den Bundestagswahl ziehen.
Gruhl verließ am 18. Januar 1981 die GRÜNEN
Gruhl, der auf dem Gründungsparteitag im Januar 1980 bei der Wahl zum Bundesvorsitzenden der Partei einem von den Linken lancierten Gewerkschafter unterlag, entfremdete sich immer mehr von den GRÜNEN. Selbst ein Wahlprogramm, in dessen Eintwurf alle links-lastigen Forderungen vom Autor dieser Zeilen gestrichen worden waren, hielt Gruhl nicht davon ab, seinen Rückzug aus den GRÜNEN vorzubereiten. Instrumente dazu war die mit Hilfe der GAZ erfolgte Gründung einer "Arbeitsgemeinschaft ökologische Politik bei den Grünen" (AGÖP) noch im März 1980 als Gegenpol zum linken Flügel der Partei. Am 18. Januar 1981 war dennoch für Gruhl Schluss. Experten sagen aus, dass mit ihm etwa ein Drittel der Mitglieder derPartei den Rücken gekehrt hätten.
"Heftiger Sog"
Damit waren zwei Effekte eingetreten: Die eher "Wertkonservaten" um Gruhl waren jetzt draußen. Diese Tatsache löste einen heftigen Sog aus. Bisher den GRÜNEN kritisch gegenüber stehende Alt-Linke strömten massenhaft in die Partei und machten Karrieren, viele davon gescheiterte Existenzen, Studienabbrecher, Gelegenheitsjobber etc. Bis Anfang der 90er Jahre sollten die "Fundis" genannten Altlinken die GRÜNEN programmatisch und personell dominieren. Wieder, so Experten, verließen mit den Protagonisten der Fundis etwa ein Drittel die Partei.
Die "Realos" wollten primär die Macht
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