Quo vadis AfD?

Foto © Dr. Ernst Hoplitschek
Man könnte meinen, die Entwicklung bei den Grünen in den 80er Jahren wiederholt sich bei der AfD. Wir erinnern uns: "Realos" und "Fundis" standen sich damals unversöhnlich gegenüber. Erstere wollten nicht das "System" überwinden, sondern innerhalb dessen das Land "grüner" machen, natürlich mit Regierungsbeteiligung. Die "Fundis", darunter solche mit marxistisch-kommuinstischen, radikalpazifistischen Ideologiefacetten, wollten jedoch das "System" überwinden, zusammen mit der "Straße" und verweigerten sich jeglicher Regierungsbeteiligung und wenn man sich daran beteiligt hatte, dann stellte man exorbitante, für die andere Seite (z.B. SPD) nicht akzeptable Forderungen in den Koalitionsverhandlungen. Nach einem langen Zermürbungsprozess in den 80er Jahren obsiegten die "Realos", viele "Fundis" verließen danach die Grünen. Der Weg war nun frei bis zur Regierungsbeteiligung auf Bundesebene (1998-2005).

"Bürgerlich-konservativ" oder "völkisch Deutsch-national"?

Die AfD besteht ebenfalls aus zwei wesentlichenStrömungen. Im Gegensatz zu den Grünen hat sie in allen Parlamenten in Deutschland schnell Fuß gefasst, im Osten Deutschlands mit besonders großem Erfolg. Wollte man die ideologischen Konstellationen in der AfD geopolitisch verorten, dann zeigt sich: Im Westen überwiegen eher "bürgerlich-konservative" Kräfte, im Osten sind es die völkischen "Deutsch-Nationalen", besonders in Thüringen um Björn Höcke ("Westimport" aus Hessen) und Brandenburg um Andreas Kalbitz (dito "Westimport" aus Bayern). Jetzt hat der AfD-Bundesvorstand der AfD mit dem sofortigen Rausschmiss von Kalblitz, immerhin Landes- und Fraktionsvorsitzender der AfD in Brandenburg, die Machtfrage gestellt und den früheren formellen Mitgliedern des "Flügels" den "Krieg" erklärt. Kalbitz soll bei seinem Eintritt in die AfD (2013) verschwiegen haben, dass er eine Mitgliedschaft bei den "Republikanern" und der inzwischen verbotenen "Heimattreuen Deutschen Jugend" besessen hatte. Mittlerweile hat Kalbittz kundgetan, dass er juristisch gegen den Entscheid vorgehen wolle. Ebenso hat die Fraktion der AfD im Brandenburger Landtag seinen Posten als Fraktionschef bestätigt.

Umfragewerte sinken

Damit ist die AfD das Problem nicht los, zumal prominente Mitglieder der AfD für den Rausschmiss waren (Beatrice von Storch), andere dagegen (Alice Weidel, Alexander Gauland) und damit die Zerrissenheit der Partei offenbarten. Möglicherweise sind die auch dümpelnden bzw. sinkenden Umfragewerte für die AfD (um 10 Prozent) Anlass gewesen, diese Trennung fix zu machen, da man vor allem um Zustimmungsverluste bei den eher "bürgerlichen" Wählerschichten, die früher Anhänger von CDU und CSU waren, befürchtete.

Rettung "Sonderparteitag"?

Nur: Damit steckt die AfD in einem Dilemma: Käme es zur Spaltung, verlöre die AfD möglichweise viele Anhänger im Osten und gewönne nicht automatisch mehr "brügerliche" im Westen, da in der Regel - siehe Grüne - nicht kalkulierbare Kollateralschäden eine solche Spaltung mit sich bringen würde. Vielleicht kann die Entscheidung auf einem Sonderparteitag der AfD - wie bereits vorgeschlagen - gesucht werden: "Wir" (die "Bürgerlichen") oder "die" ("Völkischen"). Übrigens: Die Grünen zerlegten sich Ende der 80er Jahren dermaßen, dass dies dem Wähler nicht verborgen blieb. Bei der Wahl zum 12. Bundestag 1990 erhielten die Grünen magere 3,8% und verloren im Vergleich zu 1987 0,4% . Ein solches Desaster könnte auch der AfD 2021 drohen. - Text/Foto © Dr. Ernst Hoplitschek


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